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FreD - Crystal / ATS

Frühintervention für erstauffällige (Meth)- Amphetamin-Typ-Stimulanzien Konsument:innen - Erweiterung des FreD-Programmes

Idee und Ziele

Das Programm Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten (FreD) bietet auf der Grundlage sektorenübergreifender Kooperation eine pädagogische und gesundheitsbezogene Intervention als Reaktion auf eine Auffälligkeit im Zusammenhang mit Substanzkonsum.
Ziel dieses Projektvorhabens war es, den etablierten Ansatz auf die besonderen Bedürfnisse von Amphetamin Typ Stimulanzien (ATS) und insbesondere Methamphetamin (Crystal Meth) Konsument:innen anzupassen und zu implementieren. Vorrangig wurde aus Sachsen, Bayern und Thüringen (Schwerpunktregion) auf die Dringlichkeit hingewiesen, für diese Zielgruppe ein passendes Frühinterventionsangebot zu entwickeln. Neben dieser Schwerpunktregion war auch Nordrhein-Westfalen aufgrund der Expertise mit dem FreD-Programm beteiligt.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurde eine Manualergänzung entwickelt, neue Trainer:innen ausgebildet und bereits zertifizierten Trainer:innen Updateschulungen angeboten. Das Vorhaben wurde wissenschaftlich begleitet.

Durchführung, Methodik

Zu Beginn der Projektlaufzeit wurden regionale Ansprechpartner von den adressierten Länderministerien benannt. Diese wurden über das Projektvorhaben regelmäßig informiert und unterstützten dies nach Möglichkeit. Mit dem Versand einer Projektkurzbeschreibung wurde zu einem bundesweiten Fachkräfteaustausch nach Leipzig eingeladen. Anschließend wurde in einem Expertenworkshop die Manualergänzung mit FreD-Lehrtrainer:innen, Fachkräften aus der Praxis, sowie mit Medizin- und Rechtsexperten entwickelt. Alle bis hierhin am Projekt beteiligten Trainer:innen erhielten diese zur Erprobung. Insgesamt wurden zusätzlich 38 neue Trainer:innen
zertifiziert und 46 Trainer:innen wurden eintägig nachgeschult. Sowohl die Schulungen, die Anwendbarkeit der Manualergänzung als auch die daraus resultierenden Kursdurchführungen wurden extern von dem Forschungsinstitut FOGS, Köln evaluiert. In einem Abschlussworkshop in Hof (BY) wurden die Ergebnisse präsentiert und förderliche und hinderliche Aspekte der
Implementierung diskutiert.
Eine Steuerungsgruppe unterstützte das Vorhaben während der gesamten Laufzeit.

Ergebnisse, Schlussfolgerungen, Fortführung

Die im Projekt formulierten Ziele konnten erreicht werden. Das Frühinterventions-Programm FreD ist für die Zielgruppe der (Crystal-Meth-) Amphetaminkonsument:innen angepasst und ist sowohl bei bereits bestehenden Standorten als auch bei neu gegründeten Standorten der am Projekt beteiligten Bundesländer implementiert.
Bundesländer, wie Sachsen, die bisher kein FreD-Angebot vorhielten, ließen Trainer:innen zertifizieren und dort haben sich erstmals Standorte gegründet. Darüber hinaus gab es auch ein großes Interesse am Projekt aus anderen Bundesländern, wie beispielsweise Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Die neu ausgebildeten Trainer:innen konnten das FreD-Angebot in ihren Regionen erweitern und Kurse auch für ATS-Konsumierende anbieten.
Hinsichtlich der Gesamtstichprobe der Evaluation wäre allerdings eine höhere Anzahl an rekrutierten Standorten und Teilnehmenden wünschenswert gewesen.
Die FreD-Crystal/ATS Manualergänzung wurde in der Praxis erprobt und als hilfreich eingestuft. Die Evaluationsergebnisse zeigen in eine ähnlich positive Richtung wie bei den vorherigen Evaluationen. (siehe FOGS Evaluationsbericht). Allerdings konnten in der Projektlaufzeit keine Kurse mit reinen erstauffälligen Crystal Konsument:innen durchgeführt werden. Im Projektverlauf zeigte sich allerdings, dass in der Praxis sehr heterogene Meinungen darüber vorherrschen, ob „reine“ oder „gemischte“ Substanzkurse empfehlenswert sind. In einer größer angelegten Evaluation sollte dieser Aspekt in Zukunft genauer betrachtet werden.

Umsetzung vor Ort
Die Annahme im Projektantrag, dass es mehrere Monate zwischen Trainer:innen-Schulung und Kursstart benötigt, hat sich in der Praxis erneut bestätigt. Ebenfalls vor Projektstart als Risikofaktor beschrieben war die schwer kalkulierbare Rekrutierung von Teilnehmenden in den FreD-Kursen. Hier wäre eine größere Kursteilnahme und Beteiligung an der Evaluation für umfassendere und aussagekräftigere Ergebnisse wünschenswert gewesen. An Standorten, in denen bereits gute Kooperationsnetzwerke vorhanden waren, wurde schneller zu den FreD-ATS Kursen zugewiesen, dort konnten dann auch FreD-ATS Kurse durchgeführt und evaluiert werden. Bei anderen bereits
bestehenden FreD-Anbietern wiederum hat es bis zu einem Jahr gedauert, bis der erste FreD-ATS Kurs durchgeführt werden konnte. Hier musste oftmals Überzeugungsarbeit bei den zuweisenden Stellen geleistet werden, um davon zu überzeugen, dass FreD auch im Zusammenhang mit Stimulanzien ein geeignetes Instrument der Frühintervention sein kann. Für die zukünftige Implementierung scheint vieles von der Frage abzuhängen, wie die Strafverfolgungsbehörden ihre Verfahrensweisen zur Einstellung bei Stimulanzien- und Crystal-Meth auslegen werden.


FreD-Kurs als Türöffner zum Suchthilfesystem und zur Verhaltensänderung
Für 83 % der jungen FreD-Kurs Teilnehmenden ist der FreD-Kurs der erste Kontakt mit dem (Sucht-)Hilfesystem. Hier zeigt sich die wichtige Funktion des „Türöffners“ des FreD-Programms. Die Teilnehmenden erleben diesen ersten Kontakt zum Hilfesystem i.d.R. als positiv. Im Bedarfsfall stehen sie einer weiteren Inanspruchnahme offen gegenüber. In der FOGS Befragung gaben die meisten Jugendlichen an, dass sie sich besser informiert fühlen, ihren Umgang mit Substanzen und ihr Konsumverhalten reflektieren. Nach Abschluss des Kurses strebt die Hälfte der  Teilnehmenden an, ihren Substanzkonsum verändern bzw. reduzieren zu wollen.


Die Implementierung von FreD zum Projektende
Zu Beginn des Projektes gab es in Sachsen noch keine zertifizierten FreD-Trainer:innen und demnach keine FreD-Standorte. Durch das Projekt `FreD-Verbreitung in Strafverfolgungsbehörden´, hatten bereits einige Einrichtungen und im Besonderen die  Strafverfolgungsbehörden eine Vorstellung über das FreD-Programm und seine Ziele. Mit dem nun abgeschlossenen Projekt konnten diese Fäden aufgenommen werden und die Implementierun in Sachsen weiter vorangetrieben werden. In Sachsen gibt es Anfang 2017 17 FreD-Trainer:innen, sieben FreD-Standorte wurden bisher gegründet, weitere befinden sich im Aufbau und werden im Laufe diesen Jahres FreD-Kurse anbieten können. Sachsen sei hier nur beispielhaft genannt um zu skizzieren, wie auch dieses FreD-Projekt dazu beitragen konnte, die Idee einer wirksamen Frühintervention in einem weiteren Bundesland zu implementieren. Insgesamt lässt sich allerdings aus dem gesamten Bundesgebiet eine stetige Nachfrage an der FreD-Trainer:innen Zertifikatsausbildung verzeichnen. Ggf. wird hier nun auch der Effekt des vorherigen Projektes „FreD Verbreitung in Strafverfolgungsbehörden“ deutlich. Ähnlich der Beobachtung, dass die Nachfrage an FreD-Crystal/ATS nun mit der Veröffentlichung der Ergebnisse „an Fahrt aufnimmt“.

Die LWL-Koordinationsstelle Sucht bietet wegen der hohen Nachfrage bereits weitere außerplanmäßige Zertifikatsschulungen in den nächsten Jahren an. Bemerkenswert ist es, dass in der Projektlaufzeit erreicht werden konnte, dass nun jedes der sechzehn Bundesländer FreD umsetzt bzw. das letzte (Bremen) kurz vor der Implementierung steht.

Die Projektergebnisse wurden im Anschluss u.a. an alle FreD-Trainer:innen, bundesweit an die Strafverfolgungsbehörden und an Interessierte weitergegeben.
Mit Stand Februar 2017 gibt es in der Bundesrepublik rund 350 zertifizierte FreD-Trainer:innen an über 150 Standorten. In Europa ist FreD darüber hinaus in weiteren Ländern implementiert.

Die Ergänzung des FreD-Handbuches nimmt Konsument:innen von (Meth-) Amphetamin bzw. Amphetamin Typ Stimulanzien (ATS) in den Focus. Diese Ergänzung kann von bereits zertifizierten FreD-Trainer:innen bei der LWL-KS kostenfrei bestellt werden.

Mit dem erfolgreich abgeschlossenen Projekt besteht ein weiteres bundesweites Angebot im Handlungsfeld der selektiven Prävention, um dem steigenden Konsum von Crystal Meth und ATS zu begegnen.

 

Das vom Bundesministerium für Gesundheit, Berlin geförderte Projekt Crystal/ATS wurde in der Zeit von Juli 2015 bis Februar 2017 durchgeführt.

Frank Schulte-Derne

frank.schulte-derne@lwl.org

Tel: 0251 591 4710

Fax: 0251 591 5484

Frank Schulte-Derne