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Fachtagung zum Abschluss des Projektes

Katholische Akademie DIE WOLFSBURG, 12. Juni 2019

Am 13. Juni fand die Abschlusstagung des von der LWL-Koordinationsstelle Sucht durchgeführten Projektes „Reine Männersache!? - Suchthilfe in NRW“ mit knapp 100 Teilnehmenden statt. 

Im Rahmen der Veranstaltung in der Wolfsburg in Mülheim an der Ruhr, stand neben den Ergebnissen des Projektes sowie den entwickelten Materialien vor allem auch die vertiefende Arbeit zum Thema Männlichkeit und Sucht im Mittelpunkt.

Nach einem Begrüßungswort von Projektleiter Markus Wirtz referierte Männerberater und Buchautor Björn Süfke unter dem Titel „Männer - Was es heute heißt, ein Mann zu sein“ über die Grundlagen männlicher Sozialisation sowie den prägenden Einfluss des Geschlechtes auf die persönliche Entwicklung. Daran anknüpfend wurde das Projekt „Reine Männersache!?“ und die über die Laufzeit hinweg erarbeiteten Ergebnisse und Materialien vorgestellt. Im Anschluss daran ging Dietrich Riesen in seinem Vortrag „Der Klick zum Kick - Internetpornografie als Suchtmittel?!“ auf Pornografieabhängigkeit als spezielleren Aspekt des Themenbereichs ein. Nach Auflockerung durch einen themenbezogenen Auftritt des Improvisationstheaters „ARTE flessible“, konnten die rund hundert Teilnehmenden am Nachmittag verschiedene Workshops wahrnehmen, in denen vertiefend auf einzelne Bereiche der männerspezifischen Suchtarbeit eingegangen wurde.

Die hohe Resonanz auf die Veranstaltung bestätigt, dass das Thema Männlichkeit und Sucht auch über das Ende der Projektlaufzeit hinweg ein wichtiger Aspekt im Alltag von Suchtfachkräften bleibt.


 

Programm und Dokumentation

Die Präsentationen der Workshops und Vorträge wurden uns von den Referenten zum Teil zur Verfügung gestellt und sind im Folgenden abrufbar.

Vorträge

Männer. Was es heute heißt, ein Mann zu sein. (Björn Süfke)

Was gestern noch als männlich galt, ist heute verpönt – und auch wieder nicht. Der Mann von heute soll gefühlvoll sein, aber kein Weichei. Ein 24-Stunden-Papa, aber bitte auch beruflich ein Überflieger. Kein Wunder, dass Mann verwirrt ist. In „Männer. Was es heute heißt, ein Mann zu sein“ fordert der Männerberater Björn Süfke seine Geschlechtsgenossen daher auf, sich von den Ansprüchen der Gesellschaft, den traditionellen wie den modernen, loszusagen und ihre eigene Männlichkeit „neu zu erfinden“. Und er appelliert an die Frauen, diese Veränderungen auch wirklich zuzulassen. Denn nur so werden wir letztlich alle profitieren: durch Partner- und Elternschaft auf Augenhöhe und eine wahrhaft gleichberechtigte Gesellschaft.

Björn Süfke hat Psychologie in Bielefeld studiert und seine Ausbildung in personenzentrierter Psychotherapie absolviert. Bereits seit zwanzig Jahren arbeitet er beraterisch mit Männern und ist außerdem Autor mehrerer Bücher über das Mann (und Vater) sein.


 

Der Klick zum Kick - Internetpornografie als Suchtmittel?! (Dietrich Riesen)

Der kostenlose und jederzeit verfügbare Zugang zu einer unendlichen Fülle von Pornografischen Angeboten im Internet ist eine Realität, die von einer Mehrheit der erwachsenen Männer genutzt wird. Was macht Pornografie so attraktiv? Worin unterscheidet sich der Konsum bei Männern und Frauen? Welche Auswirkungen können auftreten und welche Möglichkeiten gibt es für die Männerarbeit? Die Veranstaltung vermittelt ein Verständnis für eine noch weitgehend tabuisierte Problematik und gibt Anregungen zum Umgang mit Betroffenen und deren Angehörigen.

Dietrich Riesen ist Erzieher und Jugendreferent, Systemischer Berater i.A., fortgebildet in ESSP (Entwicklungssensible Sexualpädagogik), Beratung, Prävention und Fortbildung.


 

Workshops

WS II      Frank Happel
Männer in der Suchtselbsthilfe

Der Workshop will die besonderen Potentiale und Bedarfe von Männern in Gruppen der Suchtselbsthilfe darstellen und diskutieren sowie die Beteiligten aus dem ehren- und hauptamtlichen Hilfesystem zusammenführen. Er will die Sinnhaftigkeit eigener Angebote für Männer neben der allgemeinen Suchtselbsthilfe aufzeigen, bestehende Angebote bekannt machen und zu Neugründungen von Männergruppen anregen.


 

WS III     Andreas Böggering
"Und dann ist mir einfach die Hand ausgerutscht..."
Männer und Gewalt - Die Arbeit mit gewalttätigen Männern

Gewalttätige Männer gibt es in allen Bevölkerungsschichten. Alter, Bildung, Einkommen, Religion und andere Dinge sind keine prägenden Motive. Es gibt kein „typisches Täterbild“, Männer werden aus den unterschiedlichsten Gründen gewalttätig. Den Opfern von Gewalt steht seit Jahren ein Hilfesystem zur Verfügung, wobei Männer häufig mit ihrer eigenen Problematik allein gelassen wurden. Als Männer- und Gewaltberater bieten wir ein Beratungsangebot für Jungen und Männer an, die gewalttätig geworden sind oder Angst haben, gewalttätig zu werden und ihr Verhalten verändern wollen. Ziel der Beratung ist die volle Verantwortungsübernahme für die eigenen Handlungen, so dass Männer ihr Handeln als bewusste Entscheidung erleben und sich folglich auch gegen Gewalt entscheiden können. Der Workshop gibt einen Einblick in die Arbeit mit gewalttätigen Männern und bietet die Möglichkeit für einen fachlichen Austausch.


 

WS IV     Arnulf Vosshagen
"Das Geweih kommt an den Haken!"
Umsetzung männersensibler Gruppenarbeit mit suchtkranken Männern
(Workshop nur für Männer)

Der Workshop geht der Frage nach, was reine Männergruppen sinnvoll oder vielleicht auch notwendig macht in einer Suchtbehandlung, die Geschlechtsrollenschemata ansonsten wenig hinterfragt. Für Männer kann es hilfreich sein gemeinsam mit anderen Männern nach einer Neudefinition männlicher Stärke zu suchen, Verletzbarkeit wahrzunehmen oder sich von einer Affektregulation durch Suchtmittel zu verabschieden. „Doing gender with(out) drugs.“ Neben Besonderheiten und Zielen männersensibler Suchtarbeit werden die Themen des Manuals „Männlichkeiten und Sucht“ beschrieben und in kurzen Übungen verdeutlicht.


 

WS V      Björn Süfke
Geschlechtssensible Gespräche - Beratung von Frau zu Mann
(Workshop nur für Frauen)

Ein wichtiger Aspekt bezüglich jeder Art von Beratungsgesprächen mit Männern ist die Tatsache, dass Jungen und Männern im Laufe ihrer Sozialisation der Zugang zu ihren Gefühlen mehr und mehr erschwert wurde, was letztlich zum „männlichen Dilemma“ des mangelnden Selbstbezugs führt. Im Beratungssetting entsteht zudem noch ein „Männerberatungsdilemma“, da dort die Arbeit mit und an Gefühlen explizit gefordert ist. Für Frauen als Männerberaterinnen kommen häufig noch weitere Schwierigkeiten dazu: Manche davon gehen vom Klienten-Mann aus – wie etwa Abwertung oder eine Sexualisierung des Kontakts. Aber auch die Beraterinnen bringen natürlich „ihre persönlichen Männerthemen“ mit: Vorurteile, Vorerfahrungen oder auch ein mangelndes Verständnis der männlichen Psyche. Um diesem „dreifachen Dilemma“ gerecht werden zu können, ist eine männerspezifische Herangehensweise nötig, deren immer wiederkehrendes Kernelement die „liebevolle Konfrontation“ ist: Die Männer sollen bzw. dürfen in einem sowohl konfrontativen als auch solidarischen Setting lernen, Kontakt zu ihren Gefühlen aufzunehmen und diesen Selbstbezug hilfreich ins Gespräch einzubringen. Der Mann wird dabei in einem doppelten Sinne „zur Sprache gebracht“, d.h. inhaltlich zum Thema gemacht und zu einem persönlicheren Sprechen „verführt“.