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Kultursensible Arbeit

Kultursensible Arbeit in der Suchthilfe

Jede fünfte Person in Deutschland gilt als Migrantin oder Migrant, und die Zahl wächst. Bereits heute hat jedes dritte Kind unter 5 Jahren einen Migrationshintergrund. Die gewonnene Vielschichtigkeit in der Gesellschaft hat das Land in den letzten Jahren in fast allen Bereichen positiv geprägt.

Migration gibt den betroffenen Menschen eine neue Hoffnung, stellt allerdings auch eine Belastungssituation dar, da nur die wenigsten ihre Heimat freiwillig verlassen. Sie bedeutet in vielen Fällen den Verlust von Freunden, Heimat, familiärer Geschichte und Kultur. In der neuen Heimat muss vieles generationenübergreifend neu aufgebaut werden. Stress wird dadurch ausgelöst, dass eine sichere Lebensplanung anfänglich oft nicht gegeben ist.

Unklare Aufenthaltsrechte, schwere Zugänge zum Arbeitsmarkt und geringe soziale Sicherheit gilt es zu überwinden. Viele Flüchtlinge sind aufgrund ihrer Erfahrungen in Krisengebieten traumatisiert. Die verschiedenen Belastungssituationen sind mittlerweile bekannt. Als Auslöser für Suchterkrankungen werden viele Ursachen gesehen, psychosoziale Belastungssituationen gehören jedoch sicher dazu.

Die meisten Menschen in Deutschland mit einem Migrationshintergrund haben kaum Verständigungsprobleme mit der deutschen Sprache, es fehlt allerdings häufig am Wissen zur Bedeutung hinter dem gesprochenen Wort. Sprichwörter, Floskeln und „Bilder“, aber auch kulturelle Regeln erschweren das Ankommen. „Erst die Dame, dann der Herr“ – was in Deutschland als höflich angesehen wird, gilt in vielen anderen Kulturen schlicht als unpassend. Zu den zwischenmenschlichen Verständnisschwierigkeiten kommt meist noch eine Unkenntnis der Regeln und Strukturen im Sozial- und Gesundheitssystem. Der verbalen und nonverbalen Kommunikation als wichtigstes Instrument in der Beratung und Therapie kommt somit eine Schlüsselposition in der Suchthilfe zu. Sie kann über den schnellen Zugang in Krisensituationen und damit über Erfolg oder Misserfolg mitentscheiden.

Migration im Suchthilfesystem

Durch die Steigerung des allgemeinen Anteils der Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland wird sich auch der Anteil der Menschen erhöhen, die die Unterstützung der Suchthilfe benötigen.  Laut Deutscher Suchthilfestatistik hatten 2012 bereits 16,4% der Hilfesuchenden in der ambulanten Suchthilfe und 11,9% in der stationären Rehabilitation einen Migrationshintergrund.

                        

Hauptdiagnose   Ambulant       Stationär
Opioide  26,9 %        29,4 %
Kokain 37,4 % 27,0 %
Pathologisches Glücksspiel  27,3 % 40,1 %
Alkohol 10,5 % 9,3 %
Cannabis

19,0 %

13,6 %

Deutscher Suchthilfestatistik hatten 2012 - Betreute/Beender mit Migrationshintergrund nach Hauptdiagnose in Prozent

In der Berufpraxis zeigte sich das Diversity Training als besondere Bereicherung in der Suchthilfe. Nach aktuellen Zahlen leben in Deutschland Migrantinnen und Migranten aus 192 Nationen. Der Vorteil des "Diversity Trainings" ist, dass der Fokus nicht auf eine spezielle Gruppe gelegt wird. Das Training setzt bei der eigenen Person an. Kein Mensch ist frei von Vorurteilen. Unbewusst wird das Denken und Handeln im Alltag, im Privatleben und im Berufsleben von Vorurteilen bestimmt. "Diversity" will Vorurteile und Stereotype nicht sanktionieren, sondern deren Bewusstmachung und die eigene Reflektion darüber fördern. Einige Übungen des "Diversity Trainings" lassen bestimmte Schlüsselsituationen zu den o. g. Themen erlebbar werden. Andere Übungen trainieren die Fähigkeit zur Wahrnehmung aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Fremde Verhaltensweisen werden durch das Training besser verständlich. Dadurch können Ängste vor dem Fremden und Anderen abgebaut werden. Ziel von "Diversity" ist die Sensibilisierung für Fremdheitserfahrungen und für den Gewinn, den Vielfalt bringen kann.

Migration im Suchthilfealltag

Fachtagung "Kultursensible Arbeit in der Suchthilfe"

Im Dezember 2013 wurde in den Städten Dortmund und Erfurt jeweils ein Fachtag passend zum Thema für das interessierte Fachpublikum angeboten. Vorträge und passende Links zu den Beiträgen finden Sie hier:

 

Vortrag:

Frank Schulte-Derne

frank.schulte-derne@lwl.org

Tel: 0251 591 4710

Fax: 0251 591 5484

Frank Schulte-Derne